Unterwegs
Wir haben den 13. Juni 2021 und seit heute sind wir tatsächlich wieder unterwegs. Nach genau 5 Monaten endet für mich die längste Standzeit an einem Ort ohne Autofahren. Aus dem kalten Winter wurde inzwischen ein heißer Frühsommer mit Tagen über 35°C. Es ist der ideale Zeitpunkt für eine kleine Wohnmobil-Tour durch halb Europa.
Ich bin ein Reisemensch, ich brauche Freiheit und muss einfach unterwegs sein. Zwar konnte ich die vergangene Zeit ganz gut mit dem Quad überbrücken, in dem ich kleine Touren in die Umgebung unternahm – an Bergen, Seen, Flüssen, alten Dörfern und hunderten Kilometer Offroadpisten mangelt es uns ja zum Glück nicht. Mit dem Quad macht es auch so viel Spaß, dass ich mir schon überlege, ob ich mal mehrtägige Touren unternehmen sollte.
Auch die Quinta war für uns eine sehr gute Entscheidung. Es hat bisher viel Spaß gemacht alles so herzurichten wie es jetzt ist. Mit Freude sehe ich, wie die Natur zurückkommt und alles langsam wieder zuwächst. Sicher wird das mal ein guter Wohnsitz für die Tage nach dem Reisen.
Am 13. Januar sind wir zum Lockdown auf der Quinta Prazera eingetroffen. Auf den Tag genau, nach nun 5 Monaten, werden wir morgen endlich wieder on Tour sein. Hier noch ein paar aktuelle Blumenbildchen. pic.twitter.com/0G0RJBMoWT
— ?????? on Tour (@Andre_AMUMOT) June 12, 2021
Eigentlich ist dieses Leben schon nicht schlecht, aber trotzdem fehlt mir das umherreisen. Schließlich haben wir den LKW gebaut um zu reisen und die Welt zu erleben und hätte es Corona nicht gegeben hätten wir jetzt auch dieses Grundstück nicht.
Es ging ein Stück der Freiheit verloren.
Es ist jetzt nicht mehr egal wo man gerade ist.
Es gibt wieder diesen Fixpunkt von dem man nicht weg kommt, weil man meint etwas machen zu müssen.
Ich hoffe das erledigt sich, wenn die Ruine endlich ihr Dach hat.
Drei Gründe für eine Reise
Aber egal - jetzt steht erst einmal die nächste Tour im Vordergrund. Unsere Tour wird keine normale Urlaubstour, sondern mehr ein 6 Wochen Kurztrip mit durchschnittlich 1000 Kilometer pro Woche um ein paar wichtige Dinge zu erledigen.
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Ein neues Quad muss her - zwei sind nämlich besser als eins! Das Alte bleibt in Portugal und dient weiter als Schlepper für die Quinta, wo es nicht gerade geschont wird. Auch wenn mal Einer wo liegen bleibt, kann der Andere helfen kommen - nach der letzten und einzigen Panne mit dem Quad weiß ich wie wichtig das ist. Das neue Quad, wieder ein Yamaha ist etwas schneller und besser ausgestattet. Die langen Strecken zu den Baumärkten lassen sich dann entspannter fahren. Auch einen neuen Anhänger habe ich gekauft - jetzt mit Zulassung als 750 Kilo mit Auflaufbremse. Für die Materialversorgung wichtig. Beides muss in Deutschland zugelassen werden, darum kann ich es nicht in Portugal kaufen.
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Bei Facebook werden 6 neue Reifen Michelin XZL2 ausgeschrieben. Genau in unserer Größe. Diese Reifen haben ein straßenoptimiertes Profil, ohne auf die guten Niederdruckeigenschaften für Sandfahrten verzichten zu müssen. Sie sind meiner Meinung nach sogar ein bisschen besser für Sand geeignet als die "normalen" Michel XZL Reifen. Ich bekomme den Zuschlag für das Angebot und besitze nun 6 neue Reifen mit Felgen, die 2000 Kilometer von mir entfernt liegen.
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Der dritte Grund, der eine Reise nach Deutschland abrundet, wären Arbeiten am Truck. An der Kabine könnte man etwas abändern und die Seiten könnte man auch eben kurz mit etwas frischer Farbe versehen. Die Dieselheizung muss ausgetauscht werden und auch sonst gibt es so ein paar Kleinigkeiten, die sich in Deutschland einfacher und schneller erledigen lassen.
So wachsen in den folgenden Monaten Reisepläne und zerfallen auch genauso schnell wieder, als es wieder neue Corona Beschränkungen gibt. Im Januar haben wir noch den Plan eine 20-Stopp-Deutschland-Besuchs-und-Restaurant-Tour zu machen, während in Portugal gerade der totale Lockdown herrscht. Kurz darauf steigen auch die Zahlen in Deutschland und an eine Reise ist nicht mehr zu denken. Speditionen werden gesucht, die ein Quad und Anhänger nach Portugal bringen könnten. Die neuen Reifen liegen in Deutschland ganz gut, wir fahren ja sowieso nicht.
Im Frühjahr habe ich die Idee, nach Deutschland zu fliegen und dann mit dem inzwischen bestellten Quad zurück nach Portugal zu fahren. So als Sommertrip mit Zelt und Schlafsack. Das wäre sicher lustig geworden. Im Mai entspannt sich die Corona Situation etwas und ich denke wieder an eine Reise mit dem Truck nach Deutschland. Es wäre einfach einfacher, wenn wir vor Ort alles in einem Aufwasch erledigen können.
Da sich der Liefertermin des Quad letztendlich um gut zwei Monate verschoben hat, nutzen wir jetzt den Sommer für eine Tour nach Deutschland mit dem Wohnmobil.
Reisefertig machen
Erst zwei Wochen vor der eigentlichen Abfahrt fällt die Entscheidung, dass wir fahren und nicht nur ich fliegen werde.
Bevor wir starten muss das "EIWOLA" noch etwas optimiert werden. Der Motor brüllt schon ganz schön unter uns. Ich starte einen Versuch, den Lärm etwas aus der Fahrerhütte fern zu halten. Mit Alubutyl und schallabsorbierenden Schaumstoffen geht es den Schwingungen an den Leib. Diese Arbeit schiebe ich seit Oktober vor mir her.
40 Kilo Alu-Butyl später fallen die Türen satt ins Schloss und nichts klingt mehr blechern im Fahrerhaus. Als wir die ersten Kilometer fahren bin ich total begeistert. Es ist deutlich leiser geworden. Die lauten Reifen dringen aber immer noch durch - gut, dass wir die jetzt entsorgen.
Was natürlich keiner bedacht hat - wir haben Sommer und 35°C im Schatten. Zum Glück fahren wir Richtung Nordost und haben die Sonne im Rücken. Trotzdem ist es aber so warm, dass wir nur mit offenen Fenstern fahren können und somit ist von der Schallschutzmaßnahme nichts mehr zu hören. Eine Fahrerhaus Klimaanlage wäre super - aber ANC Kopfhörer tun´s auch. Mit Hörbüchern kann man auch sehr gut lange Fahrstrecken überbrücken.
Abflug nach Norden
Ach ne, Abfahrt! Einen Tag früher als geplant starten wir die 2000 Kilometer lange Tour gen Deutschland. Aber schon 15 Kilometer später stoppen wir am Supermarkt. Tanja kauft noch portugiesische Leckereien ein und wir waschen zwei Maschinen Wäsche durch. Auch etwas Sprit muss gefasst werden, damit wir überhaupt nach Spanien kommen.
Mit leicht gefülltem Kühlschrank starten wir Richtung spanischer Grenze. Wir haben zwar ein straffes Programm, wollen aber trotzdem nicht zu 100% über die Autobahn donnern. Darum fahren wir zuerst über Nebenstrecken bis zu spanischen Grenze.
Es ist so schön endlich wieder unterwegs zu sein!
Wir erreichen Spanien. Nach ein paar weiteren Kilometer Landstraße führt mich Google auf die gebührenfreie Autobahn Richtung Salamanca. Laut meiner Spritpreis APP gibt es in Salamanca billigen Diesel und da möchte ich unbedingt volltanken. Die erste Tankstelle die ich mir rausgesucht hatte ist nur für 3,5 Tonnen, die Zweite war geschlossen bei der Dritten hat es dann endlich gepasst. Wir können für 1,09€ die beiden Tanks füllen. Alle umliegenden Tankstellen kosten gut 15 Cent mehr.
Nach 765 Liter sind die beiden Tanks voll und wir können uns einen Übernachtungsplatz suchen. Es ist ziemlich heiß und die ermüdenden Tätigkeiten wie Wäschewaschen, Einkaufen und zum Schluss noch Tanken haben uns für heute genug abverlangt. Es ist Zeit für Feierabend.
Nördlich der Stadt finden wir einen wenig guten Platz an einer Sackgasse, der sich als Hundegassistrecke entpuppt und an dem Massen von Maskenträgern an uns vorbei laufen.
Als am Abend auch noch die Papierfabrik vom anderen Ufer herüber dröhnt, entscheiden wir uns für einen schnellen Platzwechsel ins nah gelegene Industriegebiet, wo es deutlich ruhiger ist und wir gut schlafen können. Am Horizont ziehen einige Gewitter vorbei.
Viele Wolken ziehen übers Land und bescheren uns einen kühlen Fahrtag. So erreichen wir recht entspannt den großen Hipercor Burgos wo wir einkaufen und unsere Mittagspause verbringen. Im KFZ-Zubehörladen versuche ich neue Scheibenwischer zu organisieren. Natürlich haben die keine passenden Scheibenwischer für LKW´s. Also tausche ich die alten zwei Wischblätter gegeneinander aus, so dass ich wenigstens auf meiner Seite etwas sehen kann, denn es sieht nach Regen aus.
Nach dem Mittag geht die Reise weiter. Wir wollen heute Spanien voll durchqueren und in den Pyrenäen auf dem Ibaneta Pass übernachten. Gewitter begleiten uns, was die Fahrt sehr angenehm macht.
Kurz nach unserer Ankunft kommt schon die Polizei vorbei und kontrolliert unsere Pässe. Ob wir hier übernachten wollen, fragt der Polizist freundlich. Ich sage ja und frage ob das ein Problem ist. Natürlich nicht sagt er und wünscht uns eine gute Nacht.
Es ist noch sehr früh als wir den Pass in Richtung Frankreich verlassen. 20 Kilometer später reisen wir nach Frankreich ein. Keine Kontrolle, keine Polizei weit und breit, keiner der unsere nicht vorhanden Tests sehen möchte. Wir tuckern über Landstraßen gemütlich nach Nordosten und erreichen am Mittag den kleinen Ort Tonneins, wo wir am Ufer des Flusses Garonne unsere Mittagspause einlegen.
Die Sonne scheint, es hat über 30°C. Während ich zwischen Bach und Sandbank pendle, läuft im Womo die Klimaanlage und trocknet die schwüle Luft.
Am Nachmittag fahren wir noch 112 Kilometer weiter in ein kleines Nest mit Parkplatz an einem Sportplatz. Diese Strecke war teilweise nur noch einspurig und in extrem schlechten Zustand. Wenn man nicht gerade einen halben Tag für 100 Kilometer unterwegs sein möchte, brauchen wir bessere Strecken. Morgen fahren wir Autobahn.
Auf Twitter schreibe ich an diesem Tag:
Fast den ganzen Tag hatten wir solche Strecken. pic.twitter.com/tOLgrkgKnA
— ?????? on Tour (@Andre_AMUMOT) June 15, 2021
Gesagt, getan. Wir fahren heute morgen nach einem kurzen Einkaufsstopp im Ort direkt auf die Autobahn Richtung Clermont-Ferrand. Mit einem guten Hörbuch vergeht die Zeit schnell und die bergige Strecke, die ich als Horror-Bergstrecke in Erinnerung habe, macht mit diesmal ausreichender Motorleistung sogar richtig Spaß.
Max verliebt sich derweil in den Schalthebel...
Leider verpasse ich eine Ausfahrt, was uns locker 50 Kilometer Umweg beschert. Zu allem Überfluss kommen wir dadurch auf die N79, die sich als 70 Kilometer lange Baustelle entpuppt.
Bei Le Creusot sind einige Seen und wir suchen uns einen Parkplatz wo wir übernachten können. Der zweite Versuch ist ein Treffer, wir finden einen ruhigen kleinen Platz an einem See, in dem man leider nicht baden kann. Er ist komplett mit Wasserpflanzen zugewachsen. Aber egal, ich springe unter die Außendusche und lege mich danach auf der Wiese in die Abendsonne.
Da wir gestern echt weit gekommen sind, können wir die letzten 400 Kilometer nach Deutschland entspannt angehen. Wir legen noch eine Übernachtung an einem Bach ein, denn die Tage in Frankreich sind mit 35°C echt ziemlich warm.
Wir tuckern gemütlich über die Landstraßen und erreichen am frühen Mittag ein verlassenes Gelände an einem Bach.
Eigentlich haben wir den Platz wegen dem Wasser gewählt. Aber es gibt hier richtig was zu sehen, denn wir haben einen waschechten Lost-Place gefunden.
Ein Erholungszentrum aus den 80er Jahren, welches den Gast in das Paris um 1900 zurückversetzen soll, war wohl nicht der Renner in dieser Zeit und wurde nach wenigen Jahren wegen Unrentabilität verkauft und wenig später verlassen. Nachdem die Sicherheitsfirmen abgezogen waren, wurde der Komplex sich selbst überlassen und die Natur hat ihn auf beeindruckende Weise zurückerobert.
Auch innen gibt es hier noch etwas Schönes zu sehen.
Mit dem heutigen Tag endet eine 2000 Kilometer lange Fahrt nach Deutschland.
Wir erreichen nach 100 Kilometern Deutschland, und nach weiteren 100 Kilometern sind wir hoch oben im Schwarzwald bei Tanjas Eltern angekommen. Es ist heiß und ziemlich schwül.
Das war nun der erste Teil unserer Deutschlandtour 2021.
Ich weiß, es fehlen ein paar Monate zwischen diesem und dem letzten Blogartikel. Bitte hab Verständnis, dass ich in den letzten Monaten einfach zu viel tun hatte und keine Zeit für den Blog übrig blieb. Wenn du mehr über unsere Quinta Prazera lesen möchtest, dann schau einfach mal bei crosli.de vorbei.
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