Marokko I
Wir sind endlich wieder in Marokko. Das letzte Mal mussten wir wegen Corona im März 2020 das Land fluchtartig verlassen. Jetzt fahren die Fähren wieder von Spanien und wir können einfach übersetzen. In diesem Teil sind wir auf dem Weg gen Süden. Das Primärziel ist die Sahara, wo wir uns eine warme und schöne Zeit im Sand erhoffen. Aber bis dahin sind es noch 900 Kilometer.
Die Fähre nach Marokko
Um 5:50 Uhr klingelt der Wecker. Seit 3 Uhr wälzen wir uns mehr oder weniger schlaflos in den Betten. Als ich mit den Hunden raus gehe, zeigt meine Uhr ein Umgebungsgeräusch von 50dB an. Normal sollten 30-35dB sein. Die Straßen sind leer und kein Mensch ist weit und breit zu sehen. Der Lärm kommt von einer Industrieanlage, die rund um die Uhr arbeitet.
Noch vor dem ersten Kaffee fahre ich zum Fährhafen, denn wir sollen 1,5 Stunden vor Abfahrt dort sein. Anders als sonst ist hier schon reger Betrieb und der Schalter hat offen und Fahrzeuge fahren durch. Ich stelle mich ebenfalls an, und als wir an der Reihe sind, schaut die Frau mit großen Augen aus dem Häuschen, greift sofort zum Telefon und beginnt zu diskutieren. Es geht um Altura, also etwas wie Höhe oder so ähnlich und ich denke, na prima, wir sind mal wieder ein Sonderfall...
Als sie fertig ist, erklärt sie, das Ticket sei für 8 Uhr, aber wir könnten schon mit der Fähre um 7 Uhr fahren. Ja gut, wenn dies das einzige Problem ist, dann los. Tanja geht nach hinten und lässt Kaffee für uns raus, während ich rückwärts auf das Schiff fahre.
Todmüde beginnt die Überfahrt nach Ceuta in Afrika. Ich schlafe in der Stunde Fahrzeit fast ein, zum Glück haben wir ruhige See.
Als wir Ceuta erreichen ist der wichtigste Punkt auf der Liste tanken zu gehen, denn beide Tanks sind so gut wie leer. Dies ist aber nicht schwer, denn Tankstellen gibt es in Ceuta wie Sand am Meer. Schon auf der Straße parallel zum Hafen sind es mindestens vier Tankstellen.
In der Hoffnung, dass der in Spanien landesweit gültige Tankrabatt von 20 Cent pro Liter auch in Ceuta angewandt wird, fülle ich den ersten Tank mit knapp 475 Liter und gehe zahlen.
Und tatsächlich, an der Kasse werden 20 Cent pro Liter abgezogen. Da der Diesel in Marokko 14,5 Dirham pro Liter, also auch ca. 1,30€ kostet, ist dies das absolute Schnäppchen und Grund genug auch den zweiten leeren Tank bis zur Oberkante aufzufüllen. Am Ende sind es knapp 800 Liter für 900€ geworden. Leider wird dies nicht für die komplette Marokko Tour reichen und leider wird in Spanien der Tankrabatt zum Jahreswechsel wohl aufgehoben werden.
Nach einem kurzen Stopp vor der Grenze, als gerade die Sonne über dem Mittelmeer aufgeht, fahren wir zur Grenze nach Marokko. Die Einreise war unkompliziert. Gefühlte 20-mal mussten wir den Ausweis zeigen, jeder schaut rein, blättert mal durch und winkt uns weiter. Einer macht sogar den Einreisestempel rein. Zum Schluss noch die Einreisepapiere für die Fahrzeuge besorgen, da wir als einziges Fahrzeug auf eine andere Spur geleitet wurden, war ich ganz vorn und musste nicht in der Schlange der anderen warten. Während Tanja den Papierkram erledigte, kam ein Grenzbeamter mit Hund, der kurz in der Kabine alles beschnüffelte und ein Zweiter wollte in zwei Schränke schauen. Fertig - willkommen in Marokko.
Die Einreise war noch unkomplizierter als in Tanger vor 3 Jahren.
Jetzt noch kurz Internet und die ersten marokkanischen Leckereien besorgen. Dazu wir fahren zum nächsten Marjane in Tétouan, wo wir alles zusammen finden.
Für heute reicht es jetzt eigentlich. Wir sind beide ziemlich müde. Ein paar Kilometer weiter kurz vor Asla finden wir einen Platz an den Klippen. Auf dem Weg dorthin steht "Parking 5Dh" angeschrieben. Das sind 45 Cent, die zahle ich gern, wenn ich dafür schön an den Klippen stehen darf. Wir erreichen einen kleinen Hof, zwei Jungs deuten in eine Richtung, wo wir uns wohl hinstellen können. Ich suche uns einen halbwegs geraden Platz und parke dort. Eine dürre Frau taucht auf und schreit wild gestikulierend umher, dabei zeigt sie immer wieder in unsere Richtung. Bin ich falsch? Sind wir nicht willkommen? Ich steige aus und sie kommt her. Sie hat nur noch zwei Zähne im Mund und grinst mich frech an, dann hält sie die Hand auf.
Ich gebe ihr 5 Dirham und sie verschwindet wieder. Es ist ziemlich kalt und windig und die Müdigkeit trägt dazu bei, dass wir einen faulen Mittag einlegen. Zum Schlafen komme ich aber nicht wirklich, denn das Geschrei der Alten, weckt mich immer wieder. Entweder brüllt sie die Schafe oder ihre Kinder an oder beides? Sie kommt auch immer wieder bei uns vorbei, mal mit man ohne Schafe und als sie sich hinten an den Staukästen zu schaffen macht, ist meine Sympathie voll ganz verloren. Ich öffne das Fenster, da steht Frau Zweizahn da, grinst mich frech an, winkt und verschwindet wieder.
Am Abend, es war schon dunkel, kommt ein Militär vorbei und möchte unsere Pässe sehen. Wir zeigen ihm einen unserer Fiche, wo wir schon alle wichtigen Daten ausgedruckt haben. Er fotografiert ihn ab, wünscht uns eine gute Nach und verschwindet wieder. Wenig später klopft und rüttelt jemand am Laster herum. Ich öffne die Türe, Zweizahn ist wieder da und möchte vermutlich etwas zu essen schnorren. Der Ton macht die Musik, und ihrer Musikrichtung war nicht unsere. Ich wünsche ihr eine gute Nacht.
Ob dies der Grund war, oder es nur Zufall ist, kann ich nicht sagen, aber kurz danach klopft es wieder an der Türe. Ein Klingelautomat, der für 5Dh einmal klingelt, würde sich heute lohnen. Diesmal ist es wieder der Mann vom Militärposten. Er meint, dass der Chef sagt, wir dürfen hier nicht stehen, da es wegen der Migranten zu gefährlich sei. Wir sollen nach Azla in die Stadt fahren. Dies kommt uns ganz gelegen, die Alte ging mir sowas von auf die Nerven, dass ich gern um 19 Uhr noch einmal den Platz wechsle.
In Azla parken wir auf dem großen Teerplatz am Strand. Achmed mit seinem Hund Sonja kommt vorbei, möchte etwas schnorren, garantiert uns, dass hier der beste Platz zum Übernachten ist und verabschiedet sich 20 Dh reicher. Der Mensch ist wenigstens nett und freundlich und nicht so biestig wie das zahnlose Schreimonster davor.
So endet der erste Tag in Marokko recht erfolgreich und total übermüdet am Straßenrand. Wir sind beide urlaubsreif und suchen nun dringend einen Platz, an dem wir ein paar Tage in Ruhe stehen können. Ja, im Rif-Gebirge allein in Ruhe stehen... Das wird noch lustig werden.
Magische Küstenstraße
Nach einer für mich guten Nacht, für Tanja eher unruhigen Nacht, da die Müllabfuhr, kiffende Jungs hinter dem Womo und Mopeds sie beim Schlafen störten, beginnt heute ein schöner neuer Tag. Zur Morgendämmerung fahren die Fischer aufs Meer und wir lauschen dem Verkehrslärm.
Wir fahren weiter bis zum Oued Laou und biegen dann Richtung Chefchaouen ab. Allein die Küstenstraße ist extrem sehenswert. Sie ist nicht nur ziemlich steil, auch alle möglichen Stadien der Erosion kann man hier beobachten. Am besten ist die Stelle, wo sich die komplette Straße etwas verformt hat. Der Hang ist hier etwas nach unten gerutscht und hat alles mitgenommen.
Auf der Suche nach einem Freistehplatz am Oued Laou war der erste Versuch nichts. Die letzte Flut hat den Flusslauf etwas ausgeweitet und die Piste ist jetzt weg. Da hier noch rundherum Häuser zu sehen sind, will ich jetzt auch keine Querfeldein Bemühungen starten, denn so toll ist der Platz nicht. Vier Kilometer weiter gibt es in einer Schleife schon den nächsten Platz auf einer Sandbank.
Die Einfahrt ist schlecht genug um Pkws fernzuhalten, was uns viel Ruhe verspricht.
Besonders freundlich ist auch der LTE Internet Empfang. So können wir jetzt das Liegengebliebene aufarbeiten. Und das in dieser phänomenalen Bergkulisse.
Der Mittag ist super. Die Sonne scheint und es ist nahezu windstill. Einer pflügt mit einer Art Holzpflug und einem Esel den Boden. Dann kommen über den Tag immer wieder Leute mit Ziegen, Schafen oder Kühen vorbei. Keiner will etwas von uns, alle winken freundlich. Was uns auffällt, hier haben die Leute andere Kleidung. Man trägt Strohhüte und hat teilweise farbige Röcke oder Oberteile an.
Rif und Chefchaouen
Endlich mal wieder eine ruhige Nacht. Ich beneide die Leute, denen Lärm nichts ausmacht, weil sie ihn gewohnt sind. Je länger man im Outback lebt, desto empfindlicher wird man wohl.
Eigentlich war unser Plan, hier ein paar Tage auszuruhen, aber ein alter Bekannter steht in Chefchaouen auf dem Campingplatz und ich möchte ihn besuchen. Also fahren wir die 40km rüber - ausruhen kann man sicher auch dort ganz gut.
Navigation in Marokko
Bisher konnte ich in Marokko nicht mit Google Maps navigieren. Als Notlösung habe ich deshalb OsmAnd genommen, jedoch ist diese App extrem unzuverlässig und stürzt immer wieder ab. In der Wüste ist sie ok, da ich die OpenStreetMap Karten mit Satellitenbildern überlagern und so sehr gut Offroad navigieren kann. Aber auf der Straße ist es einfach nicht zu gebrauchen.
Dieses Jahr funktioniert nun endlich auch Google-Maps. Auch wenn es noch einige Fehler hat ist die Navigation damit wieder zuverlässig möglich.
Für Offroad habe ich mir die App Gaia GPS zugelegt. Die große Auswahl an Karten und das vorabspeichern von Satelitenbildern gefällt mir. Dass sich die App automatisch auf allen Geräten sychronisisert (wenn Internet vorhanden ist) finde ich extrem praktisch.
Die Strecke führte uns heute durch das Rifgebirge und bietet eine tolle Kulisse. Chefchaouen liegt hoch oben in den Bergen und die Stadt selbst ist auch sehr steil. Wir steuern den Campingplatz oberhalb des Ortes an. Der Betreiber ist sehr freundlich und wir fühlen uns sofort wohl.
Schnell kommen wir mit anderen in Kontakt und besuchen gemeinsam für ein Mittagsessen die Medina. Ich bin ganz von den Socken, wie schön die Medina ist. Die gesamte Altstadt mit ihren reizvollen engen Gassen, kleinen Plätzen, blau- und weißgetünchten Häusern lädt zum Spazieren ein. Die blaue Farbe soll vor dem Bösen Blick schützen. Für mich ist Chefchaouen sofort die "bisher schönste Stadt", die ich in Marokko gesehen habe.
Ein Tag Pause
Die Sonne kommt erst spät über den Berg, weshalb das Leben erst um 11 Uhr beginnt. Wir gehen für ein verspätetes Frühstück runter in die Stadt und bis wir wieder zurück sind, ist schon 16 Uhr.
Den restlichen Tag verbringen wir auf dem Campingplatz. Während ich die Staukästen, die ich vor Reisebeginn wahllos vollgestopft hatte, aufräume, darf Ziva das "hierbleiben" üben, ohne sich dabei von den anderen Tieren, die hier herumlaufen, ablenken zu lassen. Und da gibt es so einiges. Zwei Hühner, viele Katzen und mindestens 3 andere Hunde.
Eine junge Katze ist besonders dreist. Sie knurrt und faucht sich den Weg zu uns frei und will auf unserem Schoß sitzen. Der Blick von Max ist unbezahlbar.
Mit dem Quad ins Rif Gebirge
Die Berge vor unserer Haustüre faszinieren mich und kurz oberhalb des Campingplatzes beginnt auch eine Piste, die durch die Berge führt. Man kann hier auch wandern, aber wir fahren lieber, denn die wirklich beeindruckende Gegend beginnt sowieso erst nach 10 Kilometern. Der Weg entpuppte sich als hervorragende Piste für einen ATV-Ausflug. Es gibt ab Campingplatz nur einen Weg durch die Berge und somit ist die Strecke vorgegeben. Wenn man nicht unterwegs aufgibt, kommt man nach knapp 20 Kilometer an die erste Kreuzung und erreicht mit etwas Glück nach 80 Kilometer wieder Chefchaouen. Dabei sind 2/3 der Strecke Offroad. Es geht hoch auf über 1800 Meter über dem Meer. Mit einem Geländewagen kann man hier auch fahren, mit einem LKW sollte man es lassen!
So nach ca. 20 Kilometern kommen wir aus den Wäldern in bewirtschaftetes Gebiet und an eine Kreuzung, wo nach Google Maps links einen Weg zurück verlaufen sollte. Wir landen in einer kleinen Siedlung, wo einige Bauen stehen und den Weg blockieren. Wir fragen, ob man hier weiter kommt, aber die Straße sei gesperrt und eine Sackgasse. Wir sollen den anderen Weg nehmen.
Ja, wir sind im Rif-Gebirge, Europas Haschisch Lieferant Nummer Eins. Neben uns auf den Feldern liegen überall verteilt kleinen Haufen mit grünen gehäckseltem sehr markant riechendem Gras. Wir wollen mit den Marihuana-Bauern jetzt auch nicht weiter diskutieren und nehmen den anderen Weg. Als wir weiter fahren, sehen wir die Felder am Wegesrand. Jedes Fleckchen Erde wird zum Anbau genutzt. Heute sind die Felder abgeerntet. Ich weiß aber nicht, was passieren würde, wenn man hier vor der Ernte durchkommt.
Die Piste besteht aus grobem Fels und Schotter. Teilweise hat sie Auswaschungen und manchmal nerven die Schlaglöcher. Ralf fährt mit seinem Motorrad, einer Africa Twin, und wir können schön sehen, wie viel besser ein ATV mit diesen Wegen zurechtkommt. Manche Steigungen waren für das Motorrad nur mit Schwung machbar, während das ATV mit zwei Personen drauf total entspannt hochgeklettert ist. Allgemein hat das ATV mit Schotter und den Auswaschungen keine Probleme, wo das Motorrad schon recht schwierig zu bewegen war.
Trotzdem war es für uns alle eine sehr faszinierende Tour durch grandiose Gebirgslandschaft und Atlas-Zeder-Wälder, in denen sogar Affen leben. Es gibt also auch in Chefchaouen Affen - man muss sie nur finden.
Wo wir schon bei den Drogen sind, überall in und um der Stadt finden sich Leute, die etwas verkaufen wollen. Auch vor dem Campingplatz treiben sich immer ein paar Männer herum, die dich fragen, wie es dir geht, woher du kommst und ob du etwas zum Rauchen kaufen möchtest. In vielen Bewertungen des Campingplatzes liest man, dass hier eine sehr gefährliche Gegend sein soll. Ich kann das nicht ganz nachvollziehen. Wir sind oft mit den Hunden draußen Gassi gewesen und haben mit den Jungs gequatscht. Die tun nichts, sie wollen nur etwas Gras verkaufen und wer man nein sagt, ist alles gut.
So endet am heutigen Tag auch das Jahr 2022. Wir gehen mit den anderen im Ort schön Essen und hocken danach noch am Campingplatz zusammen.
Neujahr es geht weiter
Aufbruchstimmung. Wir wollen weiter. Die Fahrtrichtung ist klar, es muss nach Süden gehen. Aber nicht übertreiben, denn 100 km am Tag reichen hier. Vor allem, wenn man Nebenstrecken fährt.
Wir hatten Fès als weiteres Sightseeing Ziel auf dem Plan, aber 200 Kilometer wollen wir nicht am Stück fahren. Auf halber Strecke findet sich ein Stausee, an dem es schön und ruhig sein soll. Das ist genau das Richtige für uns. Bei der Routenplanung gibt es nicht viele Möglichkeiten. Eine auf der Karte noch gelbe Straße R419 führt direkt an den See. Es sind 107 Kilometer.
Die ersten 15 Kilometer auf der N2 sind noch super, dann biegen wir ab und folgen der R419. Was soll ich sagen, man kann für 100 Kilometer auch über 4 Stunden benötigen!
Dank der großen Reifen waren die meisten Schlaglöcher problemlos überfahrbar. Trotzdem kann man nicht schnell fahren, weil noch die Bodenwellen dazu kommen. Sehr beachtlich sind die Verformung der Straße an fast allen Bereichen, wo Wasser im Spiel war. Mir scheint, der Boden besteht nur aus Lehm und wenn er nass genug ist, beginnt er zu „fließen“ wie ein Teig.
So sah das erste Drittel der Strecke aus. Natürlich gab es auch noch Schlaglöcher in allen Formen dazu. Heute schätze ich unseren Laster, denn genau für solche Strecken haben wir ihn doch gebaut. Es schaukelt zwar ziemlich, aber im Großen und Ganzen fahren wir recht entspannt dahin. Aber halt langsam, oft sind es nur 30-40 km/h.
Im weiteren Verlauf wurden die Verformungen der Straße weniger. Der Belag jedoch auch. Die Schlaglöcher wurden nur noch an wenigen Stellen von Teer unterbrochen. Oft gab es nur für die linken Räder noch Teerbelag.
Dazwischen gab es auch tatsächlich immer wieder erstaunlich gute Abschnitte.
Der nächste faszinierende Punkt war die unbeschreibliche Verschmutzung durch Plastikmüll.
Was nicht am Straßenrand liegt, wird im Wald auf Halden entsorgt. Oder einfach in den Bach gekippt. Die Flussbetten strotzen nur so von Plastikmüll. Den Müll an jeder Ecke zu verbrennen, wie es im Süden gemacht wird, ist hier scheinbar nicht üblich.
Nun könnte man sich fragen, warum fahrt man da hin, wenn so schrecklich ist? Das Müllproblem kennen wir schon in Marokko und in vielen Teilen von Afrika soll es noch viel schlimmer sein. Ich zeige ein Land, wie ich es erfahre. Neben der unbeschreiblichen Schönheit der Natur, ist die Verschmutzung durch Plastik leider nicht zu übersehen. Ich kann die Welt nicht ändern und ich verurteile auch die Menschen nicht. Aber so sieht es leider aus, wenn man sich um Müll keine Gedanken macht.
Am Nachmittag erreichen wir dann den angepeilten See. Das leicht hüglige Ufer besteht aus einem lehmigen Schlickboden, der extrem weich ist. Die oberen Zentimeter tragen noch etwas, darunter ist der Boden nass und weich. Zum Glück bin ich auf der alten Straßen geblieben.
Ich musste jedoch umdrehen. Dabei habe ich versucht, mit einer Achse immer auf festem Boden zu bleiben, damit wenn etwas passiert, ich vielleicht wieder herauskomme. Aber es ging gut.
Zum Abschluss noch etwas Schönes. Die Menschen - sie sind einfach faszinierend. Anfänglich hat uns fast jeder am Straßenrad gewunken, und per Handzeichen Gras zum Kauf angeboten. Das legte sich aber schnell, und die Menschen winkten nur noch. Bauern auf den Feldern, Menschen am Straßenrand, LKW-Fahrer sowieso, eigentlich alle, die zwischen 15 und 40 waren. Sie rufen "willkommen", "hallo" und natürlich "na alles klar" darf in Marokko nicht fehlen. Auch Kinder winken und freuen sich, wenn man hupt. Betteln tut hier kaum einer, sie sind noch nicht von den Touristen verseucht worden.
Von See zum Bach
Weiter geht die wilde Fahrt. Die Straßen haben sich seit gestern nicht verbessert, die Menschen winken immer noch und die LKW-Fahrer geben Lichthupe, wenn sie mir entgegenkommen. Die Orte sind weiterhin zugemüllt. Es gibt steile Berge nach oben und genauso wieder nach unten. Ich bin es gar nicht mehr gewohnt, Berge trotz Auspuffklappenbremse im zweiten Gang fahren zu müssen. Mit 20 km/h schleichen wir den Berg runter, das 60er Schild am Straßenrand erinnert an Zeiten, als die Straße noch als solche erkennbar war.
Eigentlich stören die schlechten Straßen gar nicht so. Man muss sich einfach daran gewöhnen, dass hier alles etwas gemütlicher läuft.
Wir fahren heute nur ein kurzes Stück und suchen uns einen schönen Platz am Bach. Eigentlich sollte es eine Sandbank werden, aber wegen des Hochwassers ist alles recht braun, matschig und wenig schön. Die Sandbank entpuppt sich als Kieselsteinbank, die weder gut zu begehen noch zu befahren ist. Wir sparen uns unnötige Mühen und parken an einer aktuell ungenutzten Furt.
Fès
Heute besuchen wir eine der 4 Königsstädte in Marokko. Fès hat die größte Medina von ganz Nordafrika, habe ich gehört. Ich habe es aber nicht nachgemessen. Fakt ist, dass Fès auf unserer Route gen Süden liegt und ein lohnenswerter Zwischenstopp ist.
Die heutige Fahrstrecke war nur 80 Kilometer, gegen Mittag erreichen wir Fès und parken auf einem der Großparkplätze neben der Stadtmauer.
In der Stadt tappe ich in eine Tourifalle nach der anderen. Ich schaue einen kleinen Mosaik-Beistelltisch an und schon stehe ich im Laden und bin mit dem Verkäufer am Verhandeln. Dieser kann und will nicht verstehen, dass mir der Tisch nur 50Dh wert ist und beginnt von 600 auf 400 und 350Dh herunterzugehen. Sicher mag der Preis gut sein, aber ich benötige keinen solchen Tisch, was ihm aber egal ist. Wir können uns dann irgendwann darauf einigen, dass wir später kommen, da wir jetzt erst einmal die Medina ohne Tisch besichtigen wollen.
Interessant sind die engen Gassen, welche manchmal nach ein paar Ecken zur Sackgasse werden und man alles wieder zurücklaufen darf. Damit die Gasse nicht noch enger werden, sorgen Holzgerüste dafür, dass die Mauern da bleiben wo sie sind.
Auf der Suche nach dem Gerberviertel lachen wir uns einen ungewollten Führer an, während wir gleichzeitig auf Lasse und Debbi treffen, mit denen wir schon in Chefchaouen Silvester verbracht haben. Der nette Mann verspricht uns, dass er sicher kein Geld möchte, ein Dank reicht ihm.
Ok, es ergibt Sinn sich jemand zu suchen, der einen auf die Terrassen zum Gerberviertel führt, denn anders bekommt man keinen Blick auf die Becken mit dem Leder. Natürlich bin ich auch bereit, ihm danach etwas dafür zu geben. Dummerweise war seine Vorstellung von "etwas" deutlich anders als die 10Dh, die ich mir so vorstellte. Zumal er ja ursprünglich versprochen hatte, dass ein Dank reichen sollte.
Ein Spot, den man auf jeden Fall besuchen kann, ist das Restaurant "The Ruined Garden". Hier holen wir uns einen kleinen Mittagssnack.
Ein paar Andenken finden wir zum Schluss auch noch. Eine Lampe fürs Steinhaus in Portugal und eine große Kaffeetasse für mich. Hier passen gut 600ml rein, das ist doch eine angenehme Kaffeemenge für den Morgen.
Lasse und Debbie stehen auf dem Campingplatz, südlich von Fès, und wir beschließen spontan lieber dort zu übernachten als direkt an einer der Hauptstraßen. Für 140Dh (13€) ist es gewiss kein Schnäppchen, dafür ist der Stadtlärm weit genug entfernt.
Den Nachmittag und Abend sitzen wir mit den zwei anderen zusammen, trinken portugiesischen Wein und essen italienische Linsensuppe.
Fès ist eine tolle Stadt, die ausreichend Potenzial hat, ein zweites Mal besucht zu werden. Aber nicht zwei Tage hintereinander. Wir sind mit Sightseeing durch fürs Erste und benötigen nun dringend ein paar Tage pause. Am besten im Sand, umgeben von ein paar Dünen.
Bis nach Merzouga sind es noch über 400 Kilometer, aber in 3 Tagen sollten wir das schaffen.
Fahrtag nach Midelt an einen See
Als wir aufwachen, haben wir Halsschmerzen. Es stinkt nach verbranntem Plastik, dieser Geruch lag uns gestern schon in der Nase. Also nichts wie weg von hier. Wir kaufen noch etwas ein und dann folgt eine 200km Etappe nach Midelt in den Mittleren Atlas.
Es war ein reiner Fahrtag, so was muss mal sein, sonst kommt man nie ans Ziel.
Eigentlich ist hier ein See, dieser ist aber so leer, dass man schon sehr weit nach unten fahren muss. Dort gibt es dann kein Internet mehr und die Piste ist auch nicht gerade die Beste. Darum bleiben wir nach 500 Meter Piste an einer ebenen Fläche einfach stehen.
Nach einer vollkommen lautlosen Nacht, die mit -3°C endet, starten wir heute recht früh. Als wir die Straße wieder erreichen, steht kurz später ein Berber (denken wir, wegen Sprache und Kleidung) am Straßenrand und möchte 15km nach Midelt mitgenommen werden. Kein Problem, Tanja geht mit den Hunden nach hinten, er fährt vorn mit. Die Unterhaltung war recht einfach und beschränkte sich auf Handzeichen. Er schien recht zufrieden mit dem deutschen Taxi gewesen und bedankt sich mehrfach.
Gegen 12 Uhr erreichen wir schon unser Ziel. Diesmal ist es ein See mit Wasser, an dessen Ufer man auch stehen kann (nachdem man die Steinpiste überstanden hat). Wir halten aber Abstand zum Wasser - langsam kenne die tückischen Ufer.
Als wir ankommen, treibt ein alter Hirte seine Ziegen am Ufer entlang und verschwindet dann langsam auf der Halbinsel. Ich sammle derweil etwas Treibholz, was hier großflächig verteilt in ofengerechten Stücken herumliegt. Danach genießen wir die Sonne bei Windstille und 21°C im Schatten. Für 1100 Meter über dem Meer, ist es noch sehr angenehm.
Am Nachmittag kommt der Hirte mit seiner Herde wieder vorbei und bringt mir einen Stapel Treibholz, welches er für mich am Ufer gesammelt hat. Er hat wohl gesehen, wie ich die kleinen Stücke aufgesammelt habe. Ich bedanke mich mit zwei Orangen bei ihm und er strahlt übers ganze Gesicht.
Man merkt es, wir kommen der Wüste näher. Oder sind wir schon mitten drin? Während drinnen schon das Treibholz ? lodert, erhaschen wir draußen noch die letzten Sonnenstrahlen. pic.twitter.com/3XD0LNpuye
— ?????? (@Andre_AMUMOT) January 5, 2023
Erste Sanddünen in Sicht
Eigentlich waren es heute nur 115 Kilometer, aber irgendwie zog sich das alles etwas. So recht kommen wir heute nicht voran, denn wir suchen einen Laden zum Einkaufen und einen Mülleimer. Heute ist Freitag (sowas wie Sonntag bei uns), weshalb viele Läden geschlossen haben. Zu allem überfluss schaffe ich es auch noch mich von der Polizei anhalten zu lassen, weil ich zu schnell war.
Angeblich soll ich 7 km/h zu schnell gefahren sein. Aus anfänglich 300 Dh wurden ohne große Diskussion 100Dh und ich durfte weiter fahren. Wir finden dann endlich einen Laden und kaufen das Nötigste. Danach kommen ganz viele Läden, die natürlich alle offen haben. Nur Mülltonnen gibt es hier keine.
Am Straßenrand sehen wir die ersten Kamele, dieses hier kratzt sich am Schild. Und kurz darauf begegnen wir auch den ersten Sandverwehungen.
Es ist soooo schön wieder hier zu sein. Wir fahren aber heute nicht bis Merzouga durch, sondern bleiben in der Nähe von Rissani. Dort wollen wir am Sonntag auf den Souk (Markt) gehen und erst danach in den Sandkasten. Bis dahin reichen uns ein paar Palmen mit einem Brunnen ein paar Kilometer abseits der Straße. Nicht weit entfernt befindet sich der Gara Medouar. Ein hufeisenförmiger Berg, der an der Öffnung durch eine Mauer verschlossen und so als Festung genutzt wurde. Der Berg wurde als Kulisse für Filme wie "die Mumie" genommen.
Heute darf auch das ATV mal wieder an die Luft. Bevor es in den Sandkasten geht, muss ich den Tank und einen 20 Liter Reservekanister auffüllen. Hoffentlich werde ich in dem Zug auch gleich den Müll los. Es sind nur zwei kleine Beutel aber diese Europäisch zu entsorgen, ist hier im Süden nicht einfach.
Das mit dem Tanken war noch einfach, das mit dem Müll will einfach nicht klappen. Also bringe ich ihn da hin, wo ihn auch die Einheimischen hinbringen. Auf dem Bild oben mit dem Kamel sieht man die Rauchschwaden der Müllkippe. Da fahre ich jetzt hin. Der beißende Plastikgeruch fällt auf dem ATV viel mehr auf, als im Laster vorhin.
Schon jetzt liegen wieder unbeschreibliche Mengen an Plastiktüten am Straßenrand - vom Winde verweht....
Ich biege auf die Piste zur Deponie ab. Ganze LKW Ladungen mit Platsikflaschen liegen am Rand der Piste. Dann erreiche ich ein rechteckiges Gelände, welches durch Erdwälle begrenzt wird. Innen glimmen irgendwelche Haufenreihen aus Müll vor sich hin.
Wo man den Müll hier hinschmeißt ist egal, ich hätte ihn auch schon außen an der Teerstraße abladen können - da wäre er nicht aufgefallen.
In den Rauchschwaden taucht neben einem Rudel Hunde sogar ein Mensch auf. Ich winke, schmeiße die Tüten auf den Haufen und will gerade wieder verschwinden, da taucht ein zweiter Mensch auf. Er ist deutlich weiter weg, und scheint ziemlich wütend. Was ist passiert, habe ich die Beutel auf den flaschen Haufen geworfen?
Ich beschließe nicht weiter darauf zu reagieren und lieber zu verschwinden. Puh, was für eine Erfahrung. Da stellt sich die Frage, was ist besser? Verbrennen oder einfach liegen lassen?
Seit Reisebeginn am 16. Dezember sind wir 1850 Kilometer ab Portugal gefahren. Pannenfrei versteht sich, wie es sich für einen Mercedes gehört ? Jetzt sind wir endlich im Süden Marokkos angekommen. Nach der ganzen Fahrerei wird es jetzt Zeit, für ein paar Tage Pause.
Der erste Tag beginnt schon recht malerisch.
Bis bald mal wieder.
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